Modistin Laura Zieger in ihrem Geschäft in Würzburg vor einer Kommode, auf der Hüte liegen; im Hintergrund Regale mit Hüten.
Nadine Heß
Modistin Laura Zieger hat Anfang März ihr eigenes Geschäft in Würzburg übernommen. Im Gründungs- und Übernahmeprozess meisterte sie auch mit Unterstützung der Existenzgründungsberatung, die die Handwerkskammer für Gründerinnen und Gründer im Handwerk kostenfrei anbietet.

Erfolgreiche Übernahme und Existenzgründung

Vom Traum zur Wirklichkeit - wie wird die Idee des eigenen Unternehmens auch in der Realität wahr? Die Geschichte von Modistin Laura Zieger zeigt beispielhaft wie Handwerkerinnen und Handwerker das in die Tat umsetzen können - mit Unterstützung der Handwerkskammer.

„Die Gespräche mit uns als Handwerkskammer sind ein wichtiger Bestandteil des Gründungsprozesses. Im Fall von Laura Zieger haben sie geholfen, von der Freude über diese einzigartige Chance zu einem handfesten Fahrplan zu kommen“, erklärt Peter Urbansky, Betriebsberater der Handwerkskammer für Unterfranken. In der Gründungsberatung sprach er mit Laura Zieger über Versicherungen, Steuern und die nackten Zahlen. „Das war ein entscheidender Schritt, denn damit begann die Sache für mich real zu werden“, sagt Laura Zieger. Es folgten viele weitere Beratungsgespräche, in denen die 35-Jährige Schritt für Schritt die Übernahme des Geschäftes vorbereitete. Gemeinsam mit dem Betriebsberater und der früheren Inhaberin Maria Helsper ermittelte sie den Wert des Inventars, erstellte eine Ertragsvorschau, schrieb einen Businessplan. Eine große Herausforderung seien auch die Gespräche mit der Bank gewesen. „Ich habe gelernt, für meine Ziele einzustehen und sie zu verhandeln“, sagt Laura Zieger heute stolz.

 

Webinare: Nachfolge im Handwerk

Von Ende April bis Anfang Juni 2025 geben die Unternehmensberater der bayerischen Handwerkskammern an sechs Terminen einen Überblick über Themen wie Zeitplan und Wertermittlung, Besonderheiten bei familieninternen Übergaben, die Suche nach Nachfolgerinnen bzw. Nachfolgern, Steuern oder auch persönliche und betriebliche Absicherung bei der Übergabe.

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Leidenschaft und Vertrauen

Nahaufnahme Hand, die roten Hut mit fliederfarbenem Band hält, daneben spezielles Werkzeug in der Werkstatt einer Modistin
Nadine Heß
In ihrer Werkstatt setzt Modistin Laura Zieger eigene Kreationen um.

Bereits vor knapp zehn Jahren hatte Inhaberin Maria Helsper gefragt, ob Laura Zieger sich vorstellen könne, das Geschäft einmal zu übernehmen. „Das war eine riesige Ehre für mich und ein großer Vertrauensvorschuss“, erzählt Laura Zieger. Nach ihrem Schulabschluss hatte sie sich da bereits beim Freiwilligendienst in Peru von den bunten Kleidern und Mustern der Quechua-Trachten inspirieren lassen und nach der Ausbildung in Potsdam als junge Gesellin ihr Handwerk in Ateliers im Londoner Stadtbezirk Notting Hill verfeinert. Wieder zurück in Würzburg gründete sie ihr eigenes Label „Hutgemacht“ und begann nebenbei im Hutladen zu arbeiten. Laura Zieger als Geschäftsinhabern, diese bis dahin reine Vorstellung, wurde dann im Jahr 2023 konkret: „Frau Helsper hat mir Anfang 2023 die entscheidende Frage gestellt.“ erinnert sich Laura Zieger und schmunzelt. „Jetzt oder nie“, habe es geheißen. Kurz darauf suchte die junge Modistin deshalb Kontakt zur Handwerkskammer und sagt heute: „Ich bin sehr glücklich, dass das alte Team geblieben ist. Nur die Positionen haben sich geändert.“ So steht die frühere Inhaberin Maria Helsper Laura Zieger mit ihrer Erfahrung und Expertise weiterhin zur Seite steht, ebenso wie Modistenmeisterin Elena Hupp. „Wir sind Kolleginnen, eine Gemeinschaft und ziehen an einem Strang“, betont Laura Zieger. Es war ihr deshalb wichtig, die Essenz des Hutladens, den ihre Vorgängerin über 30 lang geführt hat, zu erhalten. Gleichzeitig ist Laura Ziegers persönliche Handschrift in vielen Details gut zu erkennen. Zu jedem Produkt kann Laura Zieger eine Geschichte erzählen – sie weiß, wo das Material herkommt, wie es verarbeitet wird, von wem und wo die Hüte gefertigt werden. Die Leidenschaft für ihr Handwerk lebt sie in ihrem eigenen Laden weiter. Das Vertrauen, das ihr entgegengebracht wurde, löst sie ein. Hut ab, Laura!



Erfolgsfaktoren für Gründungen - Einschätzungen der Betriebsberatung

Die Existenzgründungsberatung der Handwerkskammer ist wesentlicher Bestandteil der handwerklichen Gewerbeförderung. Handwerkerinnen und Handwerker können sie jederzeit in Anspruch nehmen. Die Betriebsberater der Handwerkskammer für Unterfranken dabei bei allen wesentlichen Fragestellungen – und unterstützen immer individuell, wie auch bei Gründerin Laura Zieger. 

Wie sieht eine Gründungsberatung typischerweise aus?

Peter Urbansky: "In der klassischen Gründungsberatung sprechen wir als betriebswirtschaftliche Berater der Handwerkskammer mit den Gründerinnen und Gründern über eine Vielzahl unternehmerischer Aspekte und klären darüber auf, welche Vorsorgen Selbstständige treffen sollten. Des Weiteren geht es natürlich neben steuerlichen und rechtlichen Aspekten auch um wirtschaftliche Zahlen. Wir unterstützen ebenso bei der Ermittlung eines Unternehmenswertes, der wie im Fall von Laura Zieger zum Beispiel bei einer Betriebsübernahme benötigt wird, und prüfen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Wir helfen zudem beim Erstellen einer Ertragsvorschau und des Businessplans."

Welche Faktoren spielen neben den „harten Fakten“ noch eine Rolle für eine erfolgreiche Existenzgründung?

Peter Urbansky: "Sowohl persönliche als auch mentale. Im Fall von Modistin Laura Zieger ist zum Beispiel ihr persönliches Netzwerk ein entscheidender Faktor. Ihre Familie und die frühere Geschäftsinhaberin unterstützen sie zudem persönlich in der Praxis. Sie ist als Gründerin in einem Alter, in welchem bereits eine gewisse Lebenserfahrung vorhanden ist. Sie steht als Mensch und Handwerkerin mitten im Leben. Aber erst mit den Beratungsgesprächen, der Aufstellung der Zahlen und ersten Anträgen wurde aus der einmaligen Chance eine richtige Aufgabe. Dieser war sie durch ihre Persönlichkeit und auch die Tatsache, Hilfe von außen anzunehmen, gewachsen."



Welche Rolle spielt der Faktor Leidenschaft für den eigenen Beruf?

Peter Urbansky: "Eine ebenfalls entscheidende Rolle. Leidenschaft trägt dazu bei, dass Gründer bereit sind, die notwendige zusätzliche Zeit und Energie zu investieren, um ein Geschäft aufzubauen und erfolgreich zu führen. Ein erfolgreicher Gründer benötigt aber auch umfassende Kenntnisse über die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie die Fähigkeit, strategisch zu planen und Entscheidungen zu treffen. In Kombination mit persönlichen Eigenschaften wie Durchhaltevermögen, Flexibilität und der Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen, ist Leidenschaft für das eigene Handwerk ein wichtiger Motivationsfaktor, um den Start in die Selbstständigkeit erfolgreich zu meistern."